*** Gastartikel von UENO GURMET ***
Aus reinem Quellwasser und besten Reisernten wird Sake, der japanische Reiswein, gebraut und ist ein Ausdruck der japanischen Seele. Über 1300 der meist familiengeführten Sakebrauereien in Japan bauen ihr Meisterwerk auf einer 2000 Jahre alten Braukultur auf und schaffen somit ein unvergleichliches japanisches Nationalgetränk.
Sachlich formuliert ist Sake ein fermentiertes, alkoholisches Getränk, hergestellt nur aus Reis und Wasser. Es wird gebraut wie Bier, aber getrunken wie Wein. Auch der Alkoholgehalt liegt mit durchschnittlich 15% näher an Wein als an Bier. Der Herstellungsprozess wird parallele Fermentation genannt und ist einzigartig unter alkoholischen Getränken.
Eine kurze Einführung zu Sakebrauereien
Die meisten Brauereien, die heute noch in Japan existieren sind Familienbetriebe, die Sake in eher kleinen Mengen herstellen. Ihre einst sehr große Zahl von 27.000 ist auf 1300 zusammengeschrumpft. Doch trotz der recht übersichtlichen Zahl, findet man die Brauerein in beinahe jeder der 47 Präfekturen in Japan. Dabei gibt es einige Vorreiter wie Hyôgo und Kyôto, deren Gebiet zusammengenommen die Hälfte der gesamten Produktion ausmacht. In Niigata dagegen, das bei der Produktion erst an dritter Stelle kommt vereint dafür die meisten Brauereien in einem Gebiet.
Anders als bei Wein kann bei Sake im Prinzip jeder Stil in jeder Region hergestellt werden, da der Reis eingekauft und selten selbst angebaut wird. Trotzdem gibt es auch bei hier regionale Besonderheiten, die sich im Laufe der Zeit etabliert haben. So gibt es zum Beispiel Unterschiede in West und Ost (schlicht und klar gegenüber mild und vollmundig), in Nord und Süd (klar und trocken gegenüber vollmundig und süß) und auch zwischen Küsten- und Bergregionen (Frisch und Trocken gegenüber kräftig und vollmundig).
Auch in der Wasser-Qualität gibt es starke Unterschiede und so ist zum Beispiel der japanische Wein aus dem traditionellen Sake-Dorf Nada in Kobe bekannt für sein hartes Wasser, dass kräftige Sake mit klarer Struktur hervorbringt, während in Fushimi, in Kyoto, das weiche Wasser Berühmtheit erlangte und geschmeidige, milde Versionen unterstützt.
Die verschiedenen Sake Klassen – was ist gute Qualität?
Innerhalb der Sakewelt gibt es ähnlich wie bei Wein eine große Spanne an Qualitäts- und Preisunterschieden. Eine generelle Trennung sollte zwischen Premium- und „normalem“ Sake, genannt Futsûshu gemacht werden. Futsûshu wird mit neutralem Alkohol gemischt und enthält meist Zusatzstoffe. Da der Begriff Sake nicht geschützt ist, kann im Ausland jeder billige Schnaps als solcher verkauft werden. Diese Art von billigem Getränk wird in Japan meist in Sushi-Imbissen oder Izakayas verkauft. Innerhalb von Premium-Reisweins unterscheidet man weiterhin 6 Klassen.
Als erstes werden die Sake in zwei Gruppen unterteilt. Junmai und nicht-Junmai. Auf der Grafik sieht man die Junmai auf der linken, die entsprechenden Arten ohne Junmai auf der rechten Seite. Der Unterschied hier ist, dass die Junmai (Junmai, Junmai Ginjo, Junmai Daiginjo) nur aus Reis und Wasser hergestellt werden, während bei den Nicht-Junmai (Honjozo, Ginjo, Daiginjo) ein kleiner Anteil neutralen Alkohols hinzugegeben wird, dessen Menge jedoch gesetzlich festgelegt ist.
Wenn man erkennen möchte, ob man einen Premium-Reiswein oder Futsûshu vor sich hat, ist es am besten einen Blick auf den Poliergrad zu werfen. Je niedriger der Poliergrad (also je mehr weg poliert wird) desto höherwertig ist meist das Getränk. Dies kann man jedoch nicht generalisieren, da auch weniger stark Polierte häufig gute Qualität und guten Geschmack hervorbringen. Hier ist es tatsächlich auch persönliche Vorliebe, die den Unterschied macht.
Ein kurzer Überblick über die verschiedenen Stile
Futsûshu
70% der gesamten Sake Produktion in Japan besteht aus Futsûshu. Bei diesem Stil können verschiedene Zutaten hinzugegeben werden, die bei Premiumsake nicht erlaubt sind wie: Reiskleie, Sakekasu, Braualkhol, Glukose, Säurungsmittel oder auch Glutamat. Sie sind sehr kostengünstig, sowohl in der Produktion als auch im Verkauf.
Junmai
Wörtlich übersetzt bedeutet Junmai „reiner Reis“ und beschreibt damit auch das Besondere an diesem, nämlich, dass er ohne Zugabe von Braualkohol hergestellt wird. Was den Poliergrad angeht, gibt es zwar keine gesetzliche Regelung, allerdings werden die meisten hochwertigen Junmai Sake auf unter 70 Prozent poliert. Junmai sind kräftig und vollmundig und können sowohl heiß als auch kalt genossen werden.
Honjôzo
Bei dieser Klasse wird ein geringer Teil (bis 10 Prozent) Braualkohol hinzugegeben und macht den Honjozo dadurch leichter und trockener als einen Junmai. Er passt zu vielen Gerichten.
Ginjo
Ein Sake der sich durch die besondere Art der Herstellung, eine Langzeitgärung bei niedriger Temperatur, von den anderen unterscheidet. Der Poliergrad liegt hier bei unter 60% und durch die Zugabe von Braualkohol (gesetzlich festgelegter Anteil) bekommt er frische und fruchtige Anklänge. Sehr aromatisch.
Junmai Ginjo
Anders als beim Ginjo wird bei einem Junmai Ginjo kein Braualkohol hinzugegeben und er wirkt etwas milder und vollmundiger. Die Ähnlichkeit zu Weißwein kann hier sehr ausgeprägt sein und im Zusammenhang mit Essen können hier auch kräftige Speisen gut kombiniert werden.
Daiginjo
Daiginjo Sake haben den höchsten Poliergrad, er liegt unter 50% und auch hier findet die Gärung bei niedriger Temperatur statt. Er bildet zusammen mit dem Junmai Daiginjo die Spitzenqualität unter den Premium-Sake. Da er sehr fein und bukettreich ist, eignet er sich gut als Aperitif.
Junmai Daiginjo
Abgesehen von dem weglassen des Braualkohols, entspricht der Junmai Daiginjo in Anforderung und Produktion dem Daiginjo. Er hat mehr Fülle und zeigt eine außergewöhnliche Harmonie zwischen Geschmack und Aroma. Er ist ideal als Speisebegleitung geeignet.
Japanischer Reiswein – Specials
Abgesehen von den Grundklassen gibt es noch viele weitere interessante Typen, die es zu kennen lohnt.
Sparkling
Eine noch eher neuere Entwicklung. Perlend und als Aperitif zu genießen sind die Sparkling Sake vor allem bei Feierlichkeiten sehr beliebt und haben oft einen fruchtigen süß-sauren Geschmack.
Koshu (Aged) Sake
Da japanischer Reiswein normalerweise jung getrunken wird, gibt es einige Brauereien die sich speziell auf die Reifung des japanischen Nationalgetränks spezialisiert haben. Durch die Reifung erhalten die Sake eine dunklere Farbe und warme Geschmacksnoten wie Karamell, Kakao oder Muskatnuss.
Nigori
Als in der Vergangenheit noch keine genaue Filterung möglich war enthielt das Getränk große Reispartikel, die mitgtrunken werden mussten. Nigori Sake entsprechen der Erinnerung dieser ursprünglichen Variante und sind nur sehr grob gefiltert und naturtrüb.
Nama
Nama bedeutet „roh“ und gemeint ist damit, dass der Sake anstelle von zweimal nur einmal pasteurisiert wurde und dadurch sehr frische und lebendig wirkt im Geschmack. Der Geschmack kann sich allerdings schnell ändern, daher sollte er kühl gelagert werden. Nama sind häufig nur im Winter von Brauereien zu bekommen.
Ama
Ama-Sake entsteht aus der Vorproduktion und enthält keinen Alkohol. Wie der Name „ama“ = „süß“ sagt, ist dies eine süße Variante, oft heiß getrunken, mit Reispartikeln. Er gilt als nahrhaft gilt und wurde früher häufig anstelle von Energy-Drinks getrunken.
Wie wird Sake getrunken?
Da das japanische Nationalgetränk über 400 verschiedene Aromen Richtungen hat ist eigentlich für jeden etwas dabei, sofern man bereit ist, sich darauf einzulassen. Es schmeckt nicht wie Wein und man sollte keinen Wein erwarten. Häufig bevorzugen Leute, die noch nie welchen getrunken haben, Sake mit modernere Geschmacksrichtung, leicht und fruchtig, anstelle der traditionelleren Variante mit starken Reisaromen und kräftigen Geschmacksnoten.
Obwohl Begriffe wie trocken oder lieblich verwendet werden, kann man einen trockenen Sake nicht mit einem trockenen Wein vergleichen und sollte auch nicht das Gleiche erwarten. Die Geschmacksprofile sind zu unterschiedlich und Bezeichnungen wie „trocken“ werden anders angewendet als auf Weine.
Ein wichtiger Punkt ist die Trinktemperatur. Wird japanischer Reiswein heiß oder kalt getrunken? Beides, ist die Antwort. Es gibt Sorten die man sowohl kalt als auch warm trinken kann, aber vor allem Premiumsake sollte kühl genossen werden (10-15°C). Besonders fruchtige Aromen gehen durch das Erhitzen verloren und gerne wird schlechtere Qualität warm angeboten, um den Mangel zu kaschieren. Aber auch gute Qualität kann heiß getrunken werden. Guten Geschmack erhält man am leichtesten, wenn er nach traditioneller Methode erhitzt wird. Nicht in der Mikrowelle, sondern im Wasserbad. Einfach Wasser in einem Topf zum kochen bringen und dann auf die entsprechende Temperatur abkühlen lassen (ca. 80C°) und den Sake in eine Karaffe umgefüllt in das Wasserbad stellen. Nach ein bi zwei Minuten die Temperatur überprüfen. Empfohlen wird meist eine Trinktemperatur von ca. 40C°.
Geeignete Sake Gefäße
Viele Leute kennen die kleinen viereckigen Holzbecher, die man auch in Japan häufig in Izakayas gereicht bekommt. Diese Masu Becher wurden früher als Maßeinheit benutzt. Ein Go war 180ml. Obwohl es zur Show häufig gemacht wird, lässt sich aus dem Masu-Becher allerdings nur schwer trinken.
Am häufigsten werden kleine Becher, o-choko, verwendet, aber auch in Japan werden Weingläser immer üblicher. Vor allem für Premium-Sake gelten spezielle Gläser oder Weingläser als besser, da sich die Aromen gut entfalten können.
Kurze Etikette
Wenn man Sake zum Beispiel bei einem „nomikai 飲み会“ im Prinzip ein „Trinkabend“ genießt, sollte man in Japan darauf achten, sich nie selbst einzuschenken und stattdessen immer darauf achten, dass der Gegenüber oder Nebenmann ein volles Glas hat. Diese Etikette der Höflichkeit ist in Japan stark mit dem Trinken verknüpft und wenn man von einer anderen Person eingeschenkt bekommt, ist es höflich das Glas mit beiden Händen zu halten und dem Einschenkenden leicht entgegen zu halten.
Sake und Essen
Guten japanischen Reiswein kann man wie Wein sowohl pur als auch mit Speisen genießen. Im Gegensatz zu Wein hat Sake einen sehr niedrigen Säuregehalt wodurch er leichter mit Essen kombinierbar ist und hilft häufig den Geschmack im Essen stärker hervorzuheben, anstatt ihn zu überdecken. Diese Fähigkeit macht ihn nicht nur zu japanischer Küche sondern auch zu allen europäischen Speisen einen attraktiven Begleiter. Die feinen Unterschiede welcher Sake nun am besten zu welchem Gericht passt findet man am besten heraus, in dem man selbst kombiniert.
Auf ins Vergnügen während einer Japan Reise – aber wie?
Wer sich entscheidet Sake das erste Mal in Japan zu trinken, ist schnell überrollt von der Fülle an Möglichkeiten sich dem Thema zu nähern. Wer wirkliches Interesse zeigt, ist allerdings gut beraten nicht einfach in ein beliebiges Izakaya zu gehen, sondern tatsächlich in eine Sake-Bar. Die Auswahl ist dort groß und vor allem wenn man selbst keine Ahnung von der Materie hat, kann man sich dort auf die Empfehlungen der Angestellten verlassen. Häufig werden in Sake-Bars auch mehrere Proben als Set angeboten, im Glas natürlich, sodass man erst etwas probieren kann, bevor man vielleicht doch eine ganze Flasche bestellt.
Und egal ob für Anfänger oder Fortgeschrittene, wenn man schon in Japan ist, sollte man Sake definitiv auch zu Essen probieren. Hier lohnt es sich vorher im Internet das ein oder andere Izakaya oder Restaurant zu recherchieren, um eines zu finden, das eine Sake-Karte anbietet und vielleicht auch den Ruf genießt ein gutes „Sake-Izakaya“ zu sein. Bei der Wahl zum Essen kann man dann nicht viel falsch machen. Eine Empfehlung der Bedienung oder einfach neugierig selbst ausprobieren, beides wird Freude bereiten.
Wer in einem normalen Izakaya sichergehen möchte, dass er was Gutes bestellt, kann direkt nach der Klasse bestellen (Junmai, Ginjo, Daiginjo etc.) und so sichergehen, dass er die gewünschte Qualität erhält und sogar bereits etwas Einfluss auf die Aromen-Richtung ausüben kann, auch wenn die Marke oder die Brauerei unbekannt ist.
Sake trinken in Tokyo ist überall möglich. Ein Tipp sind die Stadtteile Kagurazaka, Shinbashi oder auch Minami-Senju, mit vielen guten Bars und Izakayas. Und wer sich lieber aus der Coctail-Richtung nähert, sollte die Bar „High Five“ in Ginza besuchen, in der man Premium-Sake als eben jener genießen kann.
Japanischer Reiswein – Hinweise zur Lagerung
Normalerweise wird der japanische Reiswein jung getrunken und sollte nicht länger als 2 Jahre gelagert werden, außer es handelt sich um Koshu-Sake. Er wird zwar nicht im typischen Sinne „schlecht“ kann aber Aromen verlieren. Auf keinen Fall starker Sonneneinstrahlung aussetzen und kühl und dunkel lagern. Nach dem Öffnen kann er im Kühlschrank bis zu vier Wochen halten, ausgenommen Sparkling Sake.
Kanpai!
Hilfreiche Schriftzeichen
Beim Kauf oder auch in einer Bar hilft es, das ein oder andere Kanji zu kennen. Vor allem von den verschiedenen Klassen, damit man nicht ausversehen zu einem Futsûshu greift.
Die entsprechenden Kanji zu den Stilen lauten:
Honjozo 本醸造
Junmai 純米
Junmai Ginjo 純米吟醸
Ginjo 吟醸
Junmai Daiginjo 純米大吟醸
Daiginjo 大吟醸
Da Sake übersetzt einfach nur Alkohol bedeutet muss man in Japan darauf achten den richtigen Begriff zu verwenden. Was hier unter Sake bekannt ist, heißt auf Japanisch: nihonshu 日本酒 (Japanischer Alkohol).
Weiterführende Links:
Einziges umfassendes Werk zu Sake im deutschsprachigen Raum: „Sake – Elixier der japanischen Seele“ von Yoshiko Ueno-Müller (Link zum Buch)